Figuring Age

Eine berührende Geisterbeschwörung: In Videoaufnahmen und präziser Verkörperung durch die Choreografin Boglárka Börcsök werden drei mittlerweile verstorbene Tänzerinnen zum Leben erweckt – und damit auch ihre bewegten Biografien zwischen der Freiheit des Modern Dance und der Unterdrückung durch die Ideologien des 20. Jahrhunderts. Die Performance ist im Rahmen des Impulse Theater Festivals zu sehen.

Boglárka Börcsök führt die Zuschauer*innen durch den Raum und erzählt von ihrer Begegnung mit Irén Preisich, Éva E. Kovács und Ágnes Roboz. 2015 traf sie gemeinsam mit Andreas Bolm bei einer Recherche die drei damals über 90-jährigen Frauen, die in ihrer Jugend Teil der Modern-Dance-Bewegung in Ungarn gewesen waren. Sie filmten sie in ihren Wohnungen und schauten das Material immer wieder an – bis die drei von Börcsök Besitz ergriffen. Ihr Körper scheint von einer Sekunde auf die andere zu altern, wenn sie die Gesten, Haltungen, Tanzbewegungen und Stimmen der drei nachahmt. Das Publikum erfährt, dass Éva mit dem Tanzen begann, weil sie als Mädchen nicht studieren durfte. Und dass sie nach 1949 nie wieder aufgetreten ist, da das kommunistische Regime den modernen Tanz mit seinem individuellen und freien Ausdruck untersagte.

Langsam und zerbrechlich, aber voller Anmut und Ausdrucksstärke erscheint Börcsök dabei – so, wie die drei Frauen nach der Begegnung mit der Choreografin in den Videoaufnahmen zu sehen sind. "Figuring Age" ermöglicht eine beeindruckende Begegnung zwischen lebhafter Präsenz und vollkommener Abwesenheit.

Eine Installation zeigt außerdem Video-Aufnahmen aus den Wohnungen der alten Tänzerinnen sowie Teile der Live-Aufführung. Sie ist vom 08. bis 18.06. während der Öffnungszeiten des K20 (Di–So, 11:00–18:00) zu sehen. Der Eintritt dazu ist frei.